Am 11. November 1918 endet der Erste Weltkrieg. Einen Tag später steht die Schweiz kurz vor einem Bürgerkrieg. Soldaten zielen auf die unbewaffnete Bevölkerung. Mittendrin eine junge Arbeiterin, die endlich mitreden will.

Erster Tag: Streik

Luisa schlägt die Augen auf. Blinzelt zwei, drei Mal, bis der letzte Schleier aus Nacht und Schlaf sich in die Augenwinkel zurückgezogen hat. «Heute ist es so weit», denkt sie. Endlich. Erst dann spürt sie den Hunger, der größer zu sein scheint als ihr Magen. Gleichzeitig ist ihr schlecht.

Durch die Ritzen und Spalten der Kammer dringt das Klappern von beschlagenen Pferdehufen auf Pflastersteinen zu Luisa hoch. Es müssen Dutzende Pferde sein, die im Schritt von der Kaserne ins Stadtinnere ziehen. Oberstdivisionär Sonderegger hat die Kavallerie aufgeboten.

Luisas Blick fällt auf die alten Holzbalken über ihr. Sie spürt das Gewicht, das die Dachbalken tragen, förmlich auf ihrer eigenen Brust. Schwer und drückend, sodass die kalte Luft kaum ihren Weg in die Lunge findet. Auch jetzt, unter der Decke, fühlt Luisa die Kälte. Sie sitzt in jeder Ecke des Raumes, lauernd, bereit, Luisa anzuspringen, sobald sie die Decke zurückschlägt.

Das Licht ist heute anders als an all den Morgen zuvor. Heller, klarer – denn normalerweise wäre Luisa jetzt schon seit zwei Stunden in der Fabrik. Aber heute ist nichts, wie es normalerweise ist. Heute wird die Schweiz ins Wanken geraten.